Pferdeentwurmung

Im Gegensatz zu Pferden, die in der freien Wildbahn weitläufig grasen, leben Pferde in unserer Gesellschaft heutzutage konzentrierter auf kleinerer Fläche. In der Folge steigt das Risiko, dass die Artgenossen auf der Weide und im Stall untereinander Parasiten übertragen. Um Pferde vor einer Infektion mit Strongyliden, Rund- und Bandwürmern, Pfriemenschwänzen sowie Magendasseln und den damit verbunden gesundheitlichen Risiken zu schützen, ist es wichtig, Pferde regelmäßig zu entwurmen. Heute finden verschiedene Medikamente und Entwurmungsschemata in der kontrollierten Parasitenbekämpfung bei Pferden Anwendung. Außerdem beugt die regelmäßige Entwurmung der Verseuchung von Weiden und Ställen vor. Tierärzte helfen bei der Wahl der richtigen Substanz gegen die verschiedenen Würmer sowie bei der Erstellung eines Entwurmungsplans für das gesamte Jahr.

Hier finden Sie einen Überblick über

Wurmarten, die es bei Pferden zu bekämpfen gilt

Kleine Strongyliden

Pferde infizieren sich hauptsächlich auf der Weide mit den Larven der kleinen Strongyliden. Sie nisten sich in der Schleimhaut des Pferdedarms ein und entwickeln sich dort weiter. Ein starker Befall mit kleinen Strongyliden schädigt den Darm und führt zu gesundheitlichen Folgen wie Abmagerung, Durchfall und Koliken, die für jüngere Pferde auch tödlich enden können. Kleine Strongyliden lassen sich mittels Kotuntersuchungen nachweisen.

Große Strongyliden

Große Strongyliden stellen für Pferde eine große gesundheitliche Bedrohung dar, weil sie während ihres Entwicklungszyklus im Pferd als Larven mehrere Monate durch das Blutgefäßsystem und verschiedene Organe wie Leber, Pankreas und Nieren wandern und dort Schäden anrichten. Durchfall, Koliken und Blutarmut sind mögliche Folgen. Besiedeln viele große Strongyliden den Verdauungstrakt, ist auch ein Darmverschluss möglich.

Pferde nehmen die Eier von großen Strongyliden vorwiegend auf der Weide auf. Um die Parasiten nachzuweisen, sind labortechnische Untersuchungen notwendig.

Spulwürmer

Verschiedene Spulwurmarten (Parascaris spp.) besiedeln nach einer Körperwanderung den Magen-Darm-Trakt des Pferdes. Während der Wanderung schädigen Spulwurmlarven vor allem die Lunge, sodass befallene Tiere vor allem unter Husten und verringerter Gewichtszunahme leiden. Äußerlich weisen zudem ein raues Fell, verringerter Appetit und wiederkehrende Koliken auf einen Befall hin. Insbesondere für Fohlen und Jährlinge bedeutet ein Spulwurmbefall ein erhöhtes gesundheitliches Risiko. Ihr Immunschutz ist noch nicht ausreichend ausgebildet, um den Parasiten Einhalt zu gebieten. Bei sehr starkem Befall kann ein sogenanntes „Wurmknäuel“ den Darm der Tiere verschließen. Adulte Spulwürmer produzieren massenweise Eier und entsprechend schnell verunreinigen betroffene Pferde ihre direkte Umgebung.

Bandwürmer

Pferde stecken sich in Europa vor allem mit der Bandwurmart Anoplocephala perfoliata an. Moosmilben übertragen deren Eier auf Weideflächen auf Pferde. Bandwürmer schädigen die Darmwand und verursachen Verstopfungen und teilweise auch einen Verschluss des Darmes. Koliksymptome können äußerliche Anzeichen für einen Bandwurmbefall sein.

Pfriemenschwänze

Bei Pferden in Europa ist Oxyuris equi der Hauptvertreter der Pfriemenschwänze. Die Tiere infizieren sich sowohl auf der Weide als auch im Stall mit dem Parasiten. Schäden, die Pfriemenschwänze im Magen-Darm-Trakt anrichten, sind eher mild. Äußerlich lassen sich nur schwach ausgeprägte Anzeichen für einen Befall erkennen. Im Vordergrund steht ein auffälliges Jucken und Scheuern mit der Schweifrübe, da die Würmer ihre Eier an der Analregion der Pferde ablegen.

Magendasseln / Dasselfliegen

Larvenstadien der Dasselfliege besiedeln ebenfalls den Verdauungstrakt des Pferdes, und können sowohl am Zahnfleisch als auch in der Darmschleimhaut Entzündungen und Geschwüre hervorrufen. Ein massiver Befall mit Magendasseln kann Risse in der Darmwand, einen Darmverschluss und einen Vorfall des Rektums verursachen. Äußerlich lassen sich vor allem im Spätherbst gelbe Eier der Dasselfliege in der kopfnahen Region des Pferdes finden. Um einem Befall vorzubeugen, sollten Pferdehalter diese schnellstmöglich entfernen.

Eine ausführliche Vorstellung der einzelnen Wurmarten finden Sie hier.

Substanzen, die gegen Würmer bei Pferden eingesetzt werden können

Die Parasitenbekämpfung beschäftigt Pferdebesitzer schon seit Langem. Ziel ist es, den Vierbeiner vor möglichen Infektionen im Stall und auf der Weide zu schützen und gesundheitliche Risiken einer parasitären Erkrankung abzuwenden. Außerdem ist das Ziel einer solchen Behandlung, die Verseuchung der direkten Umwelt mit Eiern vor allem von Strongyliden und Spulwürmern zu minimieren, um das Ansteckungsrisiko deutlich herabzusetzen. Dabei werden verschiedene Wurmmittel (Anthelminthika) in Form von Pasten, Pellets, Gel oder Tabletten verwendet. Gegen die verschiedenen gastrointestinalen Parasiten haben sich folgende Substanzen als wirksam erwiesen:

Makrozyklische Laktone (Ivermectin und Moxidectin)

Ivermectin und Moxidectin können helfen, eine Vielzahl von Endoparasiten zu bekämpfen. Ivermectin zeigt außerdem gegen die Larven von äußeren Parasiten (Ektoparasiten) wie der Dasselfliege, die sich im Magen-Darm-Trakt der Pferde entwickeln, ausgeprägte Wirkung. Moxidectin erreicht zudem teilweise die Zysten kleiner Strongyliden, die sich in die Schleimhaut des Darmes eingraben.

Es gilt zu beachten: Aufgrund verminderter Verträglichkeit und möglichen Nebenwirkungen bei jungen Fohlen, darf Moxidectin erst ab dem 5. bis 6. Lebensmonat eingesetzt werden.

Aktuellen Untersuchungen zufolge reagieren Spulwürmer mittlerweile weithin deutlich weniger empfindlich gegenüber makrozyklischen Laktonen. Insbesondere in Gestüten hat sich diese Entwicklung gezeigt. Anekdotische Berichte weisen auch auf eine beginnende Resistenz von Pfriemenschwänzen gegenüber makrozyklischen Laktonen hin.

Benzimidazole (Fenbendazol / Mebendazol)

Fenbendazol wirkt bei Pferden gegen eine ganze Reihe von adulten Magen-Darm-Parasiten (Breitband-Anthelminthikum) wie große und kleine Strongyliden, Spulwürmer, Pfriemenschwänze und Zwergfadenwürmer. Außerdem besitzen Benzimidazole, insbesondere Fenbendazol, Wirksamkeit gegen die Zysten kleiner Strongyliden und wandernden großen Strongyliden, wenn es an fünf aufeinanderfolgenden Tagen verabreicht wird.  In einer schmackhaften Zubereitung (zum Beispiel mit Apfel-Zimt-Aroma) akzeptieren Pferde den Wirkstoff bereitwillig. Die Erreger sterben ab, da sie infolge der Wirkung von Fenbendazol auf ihren Organismus nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden.

Zur Entwurmung von Saugfohlen und Fohlen ist der Wirkstoff gut geeignet und gut verträglich. Auch in allen Stadien der Trächtigkeit und Laktation kann Fenbendazol bei Stuten eingesetzt werden.

Untersuchungen in einigen europäischen Ländern zeigten, dass ein Teil der Populationen von kleinen Strongyliden gegenüber Benzimidazolen eine verminderte Empfindlichkeit aufwiesen.

Pyrantel

Pyrantel ist wirksam in der Bekämpfung von adulten Spulwurmstadien, Pfriemenschwänzen sowie kleinen und großen Strongyliden. Zu beachten ist auch hier, dass zuletzt bei bis zu 30 Prozent der kleinen Strongyliden-Populationen eine verringerte Empfindlichkeit gegenüber Pyrantel festgestellt wurde.

Praziquantel

Praziquantel wirkt ausschließlich gegen Bandwürmer. Der Wirkstoff ist meist als Zusatz in den sogenannten Kombinationspräparaten für den Herbst / Winter enthalten, aber auch einzeln erhältlich.

Erfolgreiche Parasitenbekämpfung

Ziel eines jeden Entwurmungskonzeptes ist es, das Erkrankungsrisiko der Pferde zu minimieren. Zu beachten ist, dass Anthelminthika grundsätzlich nicht vorbeugend beziehungsweise schützend wirken, sondern immer nur bereits vorhandene Würmer und teilweise auch deren Entwicklungsstadien bekämpfen.

In vielen Pensionspferdebetrieben werden die Pferde klassischerweise während der Weidesaison regelmäßig gegen Magen-Darm-Parasiten behandelt. So kann unter anderem einer massiven Verseuchung der Weide vorgebeugt werden. Die Tiere erhalten wenige Tage vor Weideaustrieb eine geeignete Wurmkur. Nach der Anwendung von Fenbendazol wird empfohlen, einen Tag abzuwarten, bevor das Tier auf die Weide kommt. Werden Produkte mit anderen Wirkstoffen gewählt, sollten circa drei Tage Wartezeit eingehalten werden. Für alle Entwurmungsmaßnahmen ist es ratsam, das individuelle Infektionsrisiko zu berücksichtigen und die Angaben zur Wirkdauer des jeweiligen Wirkstoffs zu beachten. Da die Infektionsgefahr im Verlauf der Weidesaison zunimmt, ist eine weitere Anwendung vor der Einstallung im Herbst wichtig.

Solche strategischen Entwurmungen gelten für Pferde aller Altersgruppen. So können die Gesundheit von Fohlen und Jungpferden gewährleistet und klinische Erkrankungen infolge eines Wurmbefalls verhindert werden. Anhand regelmäßiger Kotprobenuntersuchungen lässt sich der Infektionsstatus bei den verschiedenen Altersgruppen überwachen. Und auch die mögliche Entwicklung von Resistenzen bei den verschiedenen Wurmarten lässt sich so frühzeitig feststellen

Ein regelmäßiger Wechsel des Wirkstoffs ermöglicht über den Verlauf eines Pferdelebens eine erfolgreiche Parasitenbekämpfung. Ein sogenannter Wirkstoffwechsel bedeutet konkret, dass zu jeder Entwurmung ein Produkt mit einem anderen Wirkstoff verwendet wird. So sind nicht mehrere Generationen an Würmern dem gleichen Wirkstoff ausgesetzt und Resistenzen können sich schlechter entwickeln. Teilweise macht es für große Gestüte auch Sinn, diesen Wirkstoffwechsel jährlich durchzuführen, da gerade auch große Strongyliden einen Lebenszyklus von ca. 6 Monaten  und so nicht mehrere Generationen mit dem gleichen Wirkstoff konfrontiert sind.

Begleitet wird dieser strategische Entwurmungsansatz in der Regel von weidetechnischen Maßnahmen: Unter anderem werden regelmäßig, mindestens zweimal wöchentlich, Pferdeäpfel von Koppeln abgesammelt. Gleiches gilt für die Zeit, die die Tiere im Stall verbringen. Auch hier ist es wichtig, die Pferdeäpfel täglich zu entfernen und die Boxen trocken zu halten.

Das Prinzip der selektiven Entwurmung soll der Reduzierung der Behandlungshäufigkeit sowie der Kontrolle eines Befalls mit kleinen Strongyliden dienen und ist ausschließlich bei erwachsenen Pferden anzuwenden. Fohlen und Jährlinge werden häufig befallen, ohne dass sie aber Ausscheider sind. Aus diesem Grund sollten Fohlen und Jährlinge grundsätzlich strategisch entwurmt werden.

Grundlage der selektiven Entwurmung ist die Bestimmung der ausgeschiedenen Zahl an Strongylideneiern pro Gramm im Kot. Bei jedem Pferd, welches mit diesem Entwurmungsansatz behandelt werden soll, werden über einen Zeitraum von ca. 12 Monaten vier Kotproben auf die jeweilige ausgeschiedene Menge an Strongyliden untersucht. Nur Pferde, die einen festgelegten Grenzwert an Strongylideneiern pro Gramm Kot überschreiten – häufig sind 200 Eier pro Gramm Kot der Schwellenwert – werden entwurmt. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass bei Pferden die Eizählung im Kot nicht 100%ig zuverlässig ist.

Autor: Dr. med. vet. Philipp Zimmermann
Datum: August 2019
Quellen:
1.    European Scientific Counsel Companion Animal Parasites (ESCCAP): A guide to the treatment and control of equine gastrointestinal parasite infections. ESCCAP Guideline 08 Second Edition – March 2019.
2.    Bundesverband für Tiergesundheit e.V. (BfT). Presseinformation Entwurmung bei Pferden. Stand 13.03.2018. https://www.bft-online.de/fileadmin/bft/schwerpunktthemen/Presseinformation-Entwurmung-Pferd-Teil_1_02.doc, abgerufen am 15.07.2019
3.    Justus-Liebig-Universität Gießen, Institut für Parasitologie: Selektive Entwurmung von Pferden. Stand Juni 2017. http://www.uni-giessen.de/fbz/fb10/institute_klinikum/institute/parasitologie/informationen/entwurmung, abgerufen am 15.07.2019
4.    Himmelstjerna, G. (2016): Wurminfektionen beim Pferd: Aktuelle Problematik und Empfehlungen für eine nachhaltige sowie gesundheitserhaltende Kontrolle.  Tierärztliche Umschau; 71: 247-256 https://www.vetmed.fu-berlin.de/einrichtungen/institute/we13/dienstleistung/Informationen/Wurminfektion-beim-Pferd.pdf