Analgesie viszeraler Schmerz
Butorphanol eignet sich besonders gut zur Analgesie von starken viszeralen Schmerzen, wie sie bei Koliken und Operationen vorkommen (Levionnois 2007). Die gute analgetische Wirksamkeit gegen viszerale Schmerzen erklärt sich damit, dass Butorphanol sowohl eine μ- als auch eine κ-Rezeptoraktivität (Agonist-Antagonist) besitzt . Damit ist auch die geringe atemdepressive Wirkung erklärbar (Frey et al. 1996). Butorphanol ist darüber hinaus als einziges Opioid zur Behandlung von Kolikschmerzen zugelassen.
Der Kolikschmerz beim Pferd kann auf folgende fünf Grundmechanismen zurückgeführt werden (Grabner et al. 2004):
- Spastischer Kolikschmerz
Spastische Kontraktion der glatten Darmmuskulatur, welche durch Tonuserhöhung zu einer Darmparese führen kann. - Dehnungschmerz
Dehnung der Darmwand durch Ausdehnung des Magens- und /oder des Darmlumens infolge von Gasbildung, vermehrter Flüssigkeit oder Ingestaanschoppung - Strangulations- oder Gekröseschmerz
Verstärkter Zug, Dehnung, Verdrehung oder Quetschung des Mesenteriums führt zur hämorrhagischen Infarzierung. - Ischämischer Schmerz
Intestinale Ischämie, Thromboembolie von Darmwandgefäßen, Iliaca- oder Femoralisthrombose führen zu lokaler intravasaler Koagulation, Vasokonstriktion und der Freisetzung weiterer Entzündungsmediatoren. - Entzündungsschmerz
Enteritis und Peritonitis
Die verschiedenen Kolikformen mit unterschiedlichen Schweregraden der Schmerzauslösung verlangen eine differenzierte Schmerztherapie. Der Tierarzt muss dabei in der Auswahl der Analgetika erwünschte Wirkungen gegen mögliche Nebenwirkungen abwägen und sich bewusst sein, dass Ileuszustände überdeckt werden können( Grabner et al. 2004).
Insbesondere bei unruhigen Pferden mit schwerer Kolik ist Butorphanol das Mittel der Wahl. Seine schnelle (ca. 15 Minuten), kurzfristige Schmerzausschaltung ermöglicht eine fachgerechte, gründliche und sichere Untersuchung und Diagnostik, ohne die Untersuchungsergebnisse zu verfälschen (Ionita et al. 2007, Levionnois 2007).
Im Gegensatz dazu maskiert z.B. das stark und langanhaltend wirksame Flunixin bei intenstinalen Ischämien und Endotoxämien die Symptome und ist daher bei ileusbedingten Koliken mit Dehydrierung als Schmerzmittel vor der Untersuchung kontraindiziert (Ionita et al. 2007, Levionnois 2007, Ungemach 2007). Ebenso bei vorgeschädigter Darmwand (Ionita et al. 2007). Xylaxin wiederum kann zu einer Bradykardie und AV-Blöcken sowie zu einer Vasokonstriktion führen. Dies kann eine nicht korrekte Beurteilung der Schleimhäute nach sich ziehen (Levionnois 2007).
Butorphanol eignet sich darüber hinaus auch sehr gut zur Behandlung von Schockpatienten oder anderweitig gestressten Pferden. Gerade bei gestressten Tieren ist Butorphanol das Mittel der Wahl, da hier mit α2-Agonisten wie Xylazin, Detomidin und Romifidin keine gute Wirkung zu erzielen ist (Levionnois 2007).