Besamung und Deckakt

Auch wenn beim Natursprung im Durchschnitt die Befruchtungs- und Abfohlrate etwas höher liegt, ist in einem Zuchtbetrieb heute meist die künstliche Besamung die gängige Praxis: Zum einen ist das Verletzungs- und Infektionsrisiko geringer, zum anderen kann die Besamung punktgenau zum Eisprung der Stute stattfinden. Darüber hinaus ermöglichen die verschiedenen Techniken der künstlichen Befruchtung den Stuten- als auch den Hengstbesitzern Standortunabhängigkeit sowie größeren Zuchterfolg.

Hier finden Sie Informationen zu

  • Natursprung
  • Insemination mit Frisch- (FS) oder Tiefgefrier-Sperma (TG)
  • Besamungszeitpunkt
  • intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) mit gesexten Spermien
  • intrauterine Insemination (IUI) mit Sperma-Kapseln
  • Embryotransfer

Natursprung

Die effektivste Deckart ist der Natursprung, vor allem die freie Bedeckung auf der Weide. Beim Sprung an der Hand ist die Trächtigkeitsrate etwas geringer. Beide Arten erzielen im Durchschnitt höhere Befruchtungs- und Abfohlraten als die künstliche Befruchtung.
Da es aber ein höheres Verletzungs- und Infektionsrisiko gibt, bieten Hengsthalter den Natursprung kaum an. Pflicht ist er allerdings in der Vollblutzucht.
Die Bedeckung der Stute im Natursprung kann entweder auf der Weide stattfinden, wobei es schwierig ist, eine erfolgreiche Bedeckung von mehreren Stuten in einer Herde durch den mitlaufenden Hengst zu gewährleisten. Häufiger wird der Hengst deshalb an der Hand an die Stute herangeführt. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die Stute in der Rosse befindet und paarungswillig ist. Die Paarungsbereitschaft wird mit Hilfe eines Hengstes am besten hinter einer sogenannten Probierwand, die Hengst und Personen vor eventuellen Tritten der Stute schützt, abprobiert. Steht, blitzt und schleimt die Stute, werden bei der Stute die notwendigen Vorbereitungen und Sicherheitsmaßnahmen für den Deckakt getroffen.

Wichtig sind neben geschultem Personal folgende Maßnahmen:

  • Fachgerechtes Ausbinden der Stute
  • Bandagieren der Schweifrübe
  • Reinigung der Schamlippen mit trockenem Zellstoff
  • evtl. Anlegen einer Oberlippenbremse (Stute)


Insemination mit Frisch- (FS) oder Tiefgefrier-Sperma (TG)

Um Frischsperma zu erhalten, steht der der Hengst auf einer Besamungsstation. Züchter können sich je nach Bedarf Samen zuschicken lassen. Auch kann der Züchter seine Stute auf einer Besamungsstation unterbringen, damit sie mit möglichst frischem Samen besamt werden kann. Um eine hohe Konzeptionsrate zu erreichen, sollte der Samen innerhalb von 36 Stunden verwendet werden.
Tiefgefrorenes Sperma kann im Prinzip unendlich lang gelagert werden. Das hat den Vorteil, dass der Hengst beispielsweise weiter im Sport eingesetzt werden kann, ohne dass er auf einer Besamungsstation zur Verfügung stehen muss. Für eine Besamung mit TG muss die Stute entweder in einer Pferdeklinik oder einer Besamungsstation untergebracht werden.

Das Befruchtungsergebnis ist auch abhängig von der Qualität des eingesetzten Spermas. Eine zeitliche Verzögerung zwischen Samengewinnung und -übertragung (sogenanntes Versandsperma) oder qualitativ minderwertiges Sperma kann die Befruchtungsrate reduzieren. 

Besamungszeitpunkt

Das Intervall zwischen Besamung und Ovulation hat einen entscheidenden Einfluss auf die Fertilität und die Trächtigkeitsrate, es gilt also, für die rossende Stute den optimalen Termin festzulegen. Dieser sollte in zeitlicher Nähe zum Follikelsprung liegen. Dazu führt der Tierarzt eine sogenannte Follikelkontrolle durch. Durch den Einsatz von speziellen Hormonpräparaten kann sowohl der Zeitpunkt der Rosse als auch der Ovulation gesteuert und damit besser vorhersagbar gemacht werden.
Häufig werden Stuten bis zum Ende der Rosse in einem Rhythmus von 48 Stunden mit Frischsperma besamt.  
Die besten Trächtigkeitsraten ergeben ein Deckakt oder eine Besamung (Frischsperma) zwei bis drei Tage vor der Ovulation. Tiefgefriersperma sollte in einem Intervall von 12 Stunden vor bis 12 Stunden nach der Ovulation eingebracht werden.

Vor jeder Bedeckung oder Besamung sollte eine Zuchttauglichkeitsuntersuchung der Stute stattfinden.

Intrauterine Insemination (IUI) mit Sperma-Kapseln

Bei der intrauterinen Insemination werden zum Zeitpunkt des Eisprungs speziell aufbereitete Spermien mit einer Spritze und einem dünnen Katheter direkt in die Gebärmutter übertragen. Doch da der genaue Zeitpunkt des Eisprungs schwer zu bestimmen ist, ist nicht jede Besamung erfolgreich. Mit sogenannten Sperma-Kapseln aus Cellulose lässt sich das Problem umgehen: Die Kapseln sind so „programmiert“, dass sie auf den Hormonspiegel zum Zeitpunkt des Eisprungs reagieren. Wenige Tage vor dem Eisprung in den Uterus der Stute eingebracht, lösen sich die Kapseln durch eine chemische Reaktion von innen her auf, sodass die Samenzellen zur befruchtungsfähigen Eizelle gelangen können. Auf diese Weise vergrößert sich die Erfolgsrate.

Embryotransfer

Bei dieser Technik werden Embryonen in eine fremde Empfängerstute eingebracht. Dies kann eine geeignete Alternative sein, wenn eine Stute aus Altersgründen oder verletzungsbedingt nicht in der Lage ist, ein Fohlen auszutragen. Darüber hinaus kann eine Stute mit überdurchschnittlichem Zuchtwert mehrere Fohlen austragen.
Der Embryotransfer erfolgt in mehreren Schritten:
•    Synchronisation des Zyklus von Spender- und Empfängerstute: Der Zeitpunkt des Eisprungs sollte dabei nur wenige Tage auseinanderliegen. Die größten Chancen für eine Trächtigkeit bestehen, wenn die Empfängerstute einen Tag vor bis drei Tage nach der Spenderstute ovuliert. 
•    Bedeckung der Spenderstute: Die Spenderstute kann via Natursprung oder auch mit Frisch- oder Tiefgefriersperma besamt werden.
•    Embryogewinnung durch Gebärmutterspülung: Sieben Tage nach dem Eisprung hat sich der Embryo als Blastozyste entwickelt. Nun wird durch den Muttermund eine Embryospülung durchgeführt und der Embryo aus der Gebärmutter gewonnen.
•    Beurteilung des Embryos: Unter dem Mikroskop kann die Qualität des Embryos beurteilt werden. Nach dem Waschen wird er durch den Muttermund in die Gebärmutter der Empfängerstute übertragen.
Kann oder soll der Embryo nicht direkt übertragen werden, kann er vorübergehend in Stickstoff konserviert werden.

Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) mit gesexten Spermien

Bei der intrazytoplasmatischen permieninjektion (ICSI) wird in vitro ein Spermium direkt in die Eizelle injiziert. Dies kann etwa nötig sein, wenn sich im Ejakulat nur wenige Spermien befinden, die sich gut bewegen können. Die Methode eignet sich aber auch für den Einsatz von „gesexten“ Spermien , also von vorsortierten männlichen oder weiblichen Spermien, um gezielt ein weibliches oder männliches Fohlen zu erzeugen. Zur Trennung der Spermien nach X- und Y-Chromosom werden die Spermazellen eines Ejakulats mit Fluoreszenzfarbstoff gefärbt, der sich an die DNA anlegt. Aufgrund des deutlich größeren weiblichen Geschlechtschromosoms (das X-Chromosom ist etwa zwei Drittel größer als das Y-Chromosom) lassen sich die Spermazellen über eine Laserbestrahlung in zwei Gruppen sortieren.

Gentests für Pferde

Gentests ermöglichen es zum einen, einen für ein Zuchtpferd optimalen Partner zu finden. So lassen sich unerwünschte Eigenschaftenwie etwa Krankheiten minimieren, die Chance auf gesunden Nachwuchs steigt. Zum anderen lassen sich so phänotypische Ausprägungen wie die Fellfarbe voraussagen.

Allgemeine Quellen
Ahlswede, L.: Leitfaden für die Pferdezucht, Intervet Deutschland GmbH 2011
Roszinsky, M. et al.: So wird Ihre Stute tragend, Rheinlands Reiter + Pferde zucht.spezial, Rheinischer Landwirtschafts-Verlag GmbH 2011

Sieme, H. et al.: Praktische Aspekte der equinen Samenübertragung. In: Züchtungskunde Nr. 77, Eugen Ulmer 2005

Sieme, H. Spermaqualitäts- und fertilitätsbeeinflussende Faktoren in der equinen Samenübertragung. Habilitationsschrift zur Erlangung der Venia legendi an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, 2005

EU-Embryotransferstation Pferdezentrum Bad Saarow Freie Universität Berlin
https://www.vetmed.fu-berlin.de/einrichtungen/kliniken/we17/pferdezentrum-bad-saarow/dienstleistungen/reproduktionsmedizin/FlyerBadSaarowEmbryotransfer.pdf (Abruf

Roszinsky, M. et al.: So wird Ihre Stute tragend, Rheinlands Reiter + Pferde zucht.spezial, Rheinischer Landwirtschafts-Verlag GmbH 2011

Ahlswede, L.: Leitfaden für die Pferdezucht, Intervet Deutschland GmbH 2011

Sieme, H. et al.: Praktische Aspekte der equinen Samenübertragung. In: Züchtungskunde Nr. 77, Eugen Ulmer 2005

VET-MAGAZIN.com
https://vet-magazin.com/wissenschaft/pferdemedizin/Spermien-Kapsel-Pferdezucht.html (Abruf 24.4.2019)

Barnboox.de
https://www.barnboox.de/pferdewissen/pferde-zucht/zuchtverfahren/wunder-der-zuchttechnik/ (Abruf 24.4.2019)

EU-Embryotransferstation Pferdezentrum Bad Saarow Freie Universität Berlin
https://www.vetmed.fu-berlin.de/einrichtungen/kliniken/we17/pferdezentrum-bad-saarow/dienstleistungen/reproduktionsmedizin/FlyerBadSaarowEmbryotransfer.pdf (Abruf 24.4.2019)

http://www.embryology.ch/vet/de/dbefruchtung/intracyto01.html (Abruf 24.4.2019)

Center for animal genetics: https://www.centerforanimalgenetics.com/de/leistungen/gentests-fur-pferde/ (Abruf 24.4.2019)