Eigenschaften Pharmaka
Das Zentrale Nervensystem (ZNS), also Gehirn und Rückenmark, ist gegenüber den Wirkungen von Arzneimitteln und Giftstoffen besonders empfindlich, sofern diese die schützende Blut-Hirn- und Blut-Liquor-Schranke überwinden. Da der Übertritt in der Regel auf Diffusion beruht, sind eine hohe Lipidlöslichkeit, ein geringer Ionisationsgrad bei physiologischem pH und eine geringe Molekülgröße die Voraussetzungen für eine Penetration.
Dagegen gelangen hydrophile, hochgradig ionisierte Arzneimittel nicht oder nur in geringem Umfang ins ZNS. Weiterhin limitierend auf die Penetration wirkt sich auf Grund der Molekülgröße die Bindung des Arzneimittels an Plasmaproteine aus. Nur der nicht gebundene Anteil kann penetrieren. In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass durch die Verdrängung eines zentralwirksamen Arzneimittels aus seiner Proteinbindung durch andere hochgebundene Arzneimittel, die Wirkung eines Pharmakons ungewollt verstärkt werden kann.
Auch Tumore oder Entzündungen der Hirnhäute können, ebenso wie Erkrankungen, die die Plasmaproteinbindung beeinträchtigen (z.B. Hypoalbuminämien), das Überwinden der Schranken erleichtern und so die Arzneimittelwirkung im ZNS ermöglichen bzw. verstärken (Löscher 2006).
Die Elimination von Arzneimitteln aus dem ZNS erfolgt ebenfalls mittels Diffusion über die Schranken sowie per Filtration über die Arachnoidalzotten in den venösen Sinus. Dieser so genannte „bulk flow“ ist jedoch unabhängig von Lipophilie, Ionisationsgrad und Molekülgröße. Er wird einzig über den hydrostatischen Druckunterschied zwischen Liquor und venösem Sinus bestimmt (Löscher 2006).
Das ZNS ist sehr komplex und noch lange sind nicht alle Funktionsmechanismen aufgeklärt, ebenso wie der Wirkungsmechanismus vieler zentral wirksamer Arzneimittel noch ungeklärt ist. Die Grundelemente der physiologischen Abläufe der ZNS-Funktionen sind jedoch die Neuronen mit ihrer Eigenschaft zur elektrischen und chemischen Signalübertragung. Daher sind sie auch Angriffsort für die verschiedenen Pharmaka. Die genauen Wirkungsorte und Wirkungsmechanismen sind jedoch sehr unterschiedlich. So können sie u.a. den Membranstoffwechsel beeinflussen, auf intrazelluläre Abläufe einwirken oder die Signalübertragung durch die Bindung an spezifische Rezeptoren stören (Frey et al. 1996, Löscher 2006).